Die Harvard-Professorin Kathleen Coleman, die ich höchstpersönlich auf der Amphitheater Conference in Chester im Februar 2007 treffen durfte, hat mir folgenden Artikel zukommen lassen, der für das Thema “Gladiatorinnen” wirklich sehr wichtig ist. Ich fasse hiermit folgenden Artikel zusammen:
Stephen Brunet
„Female and Dwarf
Gladiaors“
(Mouseion XLVIII –
Series III, Vol. 4, 2004)
Das Mißverständnis, daß
weibliche Gladiatoren gegen Zwerge gekämpft haben, stammt von sechs Passagen
antiker Autoren, die immer falsch übersetzt worden sind bzw. einer dann den
Übersetzungsfehler vom anderen abschrieb. Brunet hat dieses nun genauer
betrachtet und ist zu dem Schluß gekommen, dass Kaiser Domitian spektakuläre
Spiele liebte und deshalb munera bei Fackelschein ausrichten ließ und
das Frauen und Zwerge bei seinen Shows auftraten. Aber sie haben nie
gegeneinander gekämpft, sondern traten nur bei der selben Veranstaltung auf,
aber als separate Programmpunkte.
Martial Sp. 6B und 6
erwähnt, daß Kaiser Titus weibliche venatores (Tierkämpfer) bei den
Einweihungsspielen des Colosseums antreten lies. Suetonius Dom. 4.1 erwähnt,
dass Domitian Jagden und Gladiatorenkämpfe ausgerichtet hat, die nachts
stattfanden und wo eben auch Frauen teilnahmen. Statius erwähnt in seinen
Silvae 1.6, dass „Frauen und Zwerge beim selben Spektakel auftraten. Ein
zentrales Event war, dass weibliche Gladiatoren kurz vor Einbruch der
Dunkelheit auftraten und mit solcher Tugend und Verve gekämpft haben, dass das
Publikum dachte, es sieht eine Schlacht der Amazonen.“ Brunet interpretiert den
Auftritt der Zwerge als den von Boxern, die ein leichteres Vorprogramm vor der
blutigen Darstellung der weiblichen Gladiatoren darstellten, die so tapfer wie
Amazonen gekämpft haben. Cassius Dio 67.8 erwähnt ebenfalls, dass Domitian es
liebte spiele bei Einbruch der Nacht auszurichten, wo Zwerge und Frauen
auftraten.
Kämpfe weiblicher
Gladiatoren waren ein ernstes Unterfangen, welches es den Frauen erlaubte, Mut
zu zeigen, der normalerweise von Männern erwartet wurde, aber die antiken
Autoren betonen eben den außergewöhnlichen kämpferischen Heldenmut der
weiblichen Gladiatoren. Traditionell wurden Amazon als die einzigen Frauen
angesehen, die in der Lage waren es auf dem Schlachtfeld mit dem Mut der Männer
aufzunehmen und dieses wurde nun durch die Gladiatrices repräsentiert. Wenn sie
nun gegen Zwerge hätten kämpfen müssen, wären sie nicht in der Lage gewesen,
ihre wirklichen Fähigkeiten mit Waffen zu zeigen, da kämpfe bei Gladiatoren
immer eine gleiche Chance für die Gegner hatten. Dies ist also der Hauptgrund,
warum Frauen nicht gegen Männer antraten, weil es ihnen zum Nachteil gereicht
hätte. Deshalb kämpften sie immer nur gegen andere Frauen, oder wenn man von venatores
spricht, eben auch gegen wilde Tiere wie Wildschweine. Ein Kampf gegen Zwerge
wäre nun zu deren Nachteil gewesen.
Der zweite Teil des
Artikels befasst sich mit Nachweisen für weibliche Gladiatoren:
1. Historische Referenzen
Cassius Dio (61.17.3-4) und Tacitus (Ann. 15.32.3) berichten beide davon, daß Nero veranlasste, dass Frauen aus Hohem Stande in der Arena auftreten mussten, aber eben nicht nur die noblen Frauen, sondern auch Männer aus dem senatorischen oder ritterlichen Stand. Es ist nicht klar, ob sie sich auf die Spiele im Jahr 59 n. Chr. beziehen, die anlässlich Agrippas Todes stattfanden, oder die Spiele des Jahres 63 n. Chr. Aber es scheint, dass Nero nur einmal die Upper-Class-Frauen zwang, als Gladiatoren zu kämpfen.
Martial Sp.6 und 6B sowie Cassius Dio 66.25.2
erwähnen weibliche Tierkämpfer bei den Einweihungsspielen des Colosseums. Dio
lobt Titus dafür, dass er keine hochrangigen Frauen bei seinen Spielen hat
auftreten lassen.
Suetonius Dom. 4.1, Statius Silv. 1.6 und Cassius Dio
67.8.4 attestieren, daß Domitian Frauen für seine Shows benutzt hat.
Statius bezieht sich nur auf eine bestimmte Gelegenheit, während die anderen
beiden Autoren da vage bleiben.
CIL xiv 5381 &
4616 erwähnt, daß der duumvir
(Bürgermeister) von Ostia der erste war, der Gladiatorenkämpfe zeigte, an denen
auch Frauen teilnahmen. Weil das Wort mulieres und nicht femina
benutzt wird, kann man annehmen, dass es keine Frauen von hohem Rang waren.
2. Fiktive Berichte
In Petronius 45.7 Echion beschreibt eine eher schäbige Show, die aber Anklang beim Publikum fand, als weibliche essedarii auftraten.
In Petronius 45.7 Echion beschreibt eine eher schäbige Show, die aber Anklang beim Publikum fand, als weibliche essedarii auftraten.
Juvenal 1.22-23 ist über eine venatrix (Tierkämpferin) namens
Mevia, die die Angewohnheit hatte, etruskische Wildschweine zu töten und Speere
in der rechten Hand zu halten, mit ihrer Brust unbedeckt.
Juvenal 6.246-267 ist über römische Matronen, die Ringen geübt
haben und Gladiatorentraining absolviert haben in voller Rüstung mit schweren
Helmen. Dieses ist aber nicht darüber, dass sie in der Arena öffentlich
auftraten.
3. Rechtliche
Maßnahmen
Die Notiz in Athenaeus (4.154a) erwähnt einen Mann, der verlangte, daß die schönsten Sklavinnen in seinem Haushalt als Gladiatoren kämpfen mussten, obwohl es schlussendlich verboten wurde, wahrscheinlich deshalb, weil die Leute es als ungesetzlich ansahen.
Die Notiz in Athenaeus (4.154a) erwähnt einen Mann, der verlangte, daß die schönsten Sklavinnen in seinem Haushalt als Gladiatoren kämpfen mussten, obwohl es schlussendlich verboten wurde, wahrscheinlich deshalb, weil die Leute es als ungesetzlich ansahen.
Der Senatsbeschluß
von Larinum aus dem Jahre 19 n. Chr. verbietet das Auftreten auf der Bühne
von Mitgliedern der senatorischen und ritterlichen Klassen und ebenso ihrer
Teilnahme in bestimmten Aktivitäten wie z. B. Gladiatorenkämpfe. Dieses
bedeutet, dass Upper-Class-Frauen durchaus in der Arena auftreten können, aber
es beweist nicht, dass sie es auch tatsächlich taten und dass es ein
allgemeines Problem war.
Hadrian hat verboten,
dass Sklaven oder Dienstmädchen an einen Bordellbesitzer oder lanista (Inhaber
einer Gladiatorenschule) verkauft werden durften, es sei denn der Besitzer
hatte eine triftigen Grund dafür (SHA Hadr. 18.8-9). Wir können
annehmen, dass weibliche Gladiatoren aus den selben Quellen kamen wie
männliche, d. h. Freiwille, aber doch öfters durch irgendwelche Käufe.
Septimius Severus hat
Frauenkämpfe verboten (Cassius Dio 75.16.1).
4. Künstlerische Belege
Hier haben wir nur eine eindeutige Abbildung, das ist das bekannte Relief aus Halicarnassos (das heutige Bodrum in der Türkei), welches heute im British Museum in London ausgestellt ist. Es stellt die beiden gladiatrices Amazone und Achillia dar, die so tapfer gekämpft haben, dass sie ein Unentschieden (stantes missio) errungen haben. (Siehe hierzu auch meinen vorherigen Post, der dieses Relief im Detail behandelt.)
4. Künstlerische Belege
Hier haben wir nur eine eindeutige Abbildung, das ist das bekannte Relief aus Halicarnassos (das heutige Bodrum in der Türkei), welches heute im British Museum in London ausgestellt ist. Es stellt die beiden gladiatrices Amazone und Achillia dar, die so tapfer gekämpft haben, dass sie ein Unentschieden (stantes missio) errungen haben. (Siehe hierzu auch meinen vorherigen Post, der dieses Relief im Detail behandelt.)
Es ist nicht klar, ob
das Grabrelief aus Maastricht zwei weibliche Gladiatoren zeigt. Oder ob der
unterlegene essedarius nur in einer weiblichen Pose mit
zusammengedrückten Knien und eingedrehten Beinen gezeigt ist, um seine
Unterlegenheit zu verdeutlichen.
Es gibt noch in London
ein Frauengrab aus der Römerzeit, dem viele Grabbeigaben gemacht wurden, die
mit Gladiatoren zu tun haben, z. B. Öllampen mit Abbildungen von Gladiatoren,
Pinienzapfen im Räucherkelch. Pinien fanden sich in der Nähe von Amphitheatern,
wohl um den Geruch von Blut etc. zu übertünchen bzw. abzumildern. Zu sehen ist
diese Grab fast wie gefunden im Museum of London. Man kann aber hieraus nicht
definitiv sagen, dass es wirklich eine Gladiatrix war, oder ob es nur eine Frau
war, die halt ein Fan von Gladiatorenkämpfen war.
2010 hat man ein
römisches Frauengrab in Herfordshire gefunden, aber immerhin taucht das Wort
„Gladiator“ in dem Bericht jetzt in Tüddelchen auf. Hier gibt es noch weniger
Belege als in London, dass es sich um eine Gladiatrix handeln könnte, nur das
Wort „Gladiator“ in einem Bericht macht den Fund ungleich interessanter. Also,
nicht überall wo „Gladiator“ draufsteht ist auch „Gladiator“ drin. ;-)
Fazit der
Blogautorin
Es ist also unumstößlich,
dass auch Frauen als Gladiatoren kämpften, auch wenn sie natürlich seltener
waren als Männer, aber trotzdem haben sie ihren Mann bzw. Frau gestanden. J
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen