Militärische Amphitheater
Einleitung
Wer das Wort „Amphitheater“ hört, denkt an monumentale
Gebäude wie das Colosseum in Rom, die Arena in Verona order die Amphitheater in
Arles und Trier. Diese Beispiele waren für die Unterhaltung der
Zivilbevölkerung in und um große Städte gedacht, ihre Großartigkeit
symbolisierte die Macht des Römischen Reiches, eben nicht nur in der Hauptstadt,
sondern auch in den Provinzen.
Beides, das Amphitheater als auch die Veranstaltungen, die
dort stattfanden, waren etwas typisch Römisches. Letzteres, die munera
(Spektakel, die im Amphitheater zu einer besonderen Gelegenheit abgehalten
wurden), waren niemals Teil des religiösen Festkalenders und fanden deshalb
unregelmäßig statt. Seit der Reform des Augustus bestanden sie aus venationes
(Tierkämpfen) am Morgen, öffentlichen Hinrichtungen zur Mittagszeit, deshalb
auch meridiani genannt, und als Höhepunkt des Tages die
Gladiatorenkämpfe am Nachmittag.
„Ein gelangweilter Soldat ist ein gefährlicher Soldat.“ Den
Römern war die Wahrheit hinter diesem alten Sprichwort sehr bewusst, deshalb
sorgten die Befehlshaber dafür, dass ihre Soldaten immer beschäftigt waren,
selbst zu Friedenszeiten. Abgesehen von militärischen Aufgaben wurden die
Soldaten beschäftigt gehalten mit dem Bauen und Instandhalten von Straßen und
öffentlichen Gebäuden. Aber sie wurden auch mit typisch römischem Entertainment
unterhalten, welches den Soldaten aus romanisierten Gegenden sehr geläufig war.
Es wurde Soldaten empfohlen, sich gladiatorische
Darbietungen im Amphitheater anzusehen. Einen Gladiator tapfer und ohne Angst
kämpfen zu sehen, sollte die Soldaten ermutigen (siehe Plinius d. Jüngere, Panegyricum
33). Ein Gladiator repräsentierte moralische Eigenschaften, die auch von einem
Soldaten erwartet wurden, zusammengefasst in dem Begriff virctus
(Männlichkeit). Dieses setzte sich aus den folgenden Kriterien zusammen: fortitudo
(Kraft), disiplina (Training), constantia (Durchhaltevermögen), patientia
(Ausdauer), contemptus mortis (Todesverachtung), amor laudis (Liebe
zu Ehre und Lob), cupido victoriae (Siegeswille). Gladiatoren wurden
darauf trainiert, gute Beispiele von virtus abzugeben, selbst wenn sie
dem Tode ins Auge sahen, und wurden so zu einem guten Beispiel für Soldaten.
Amphitheater in der Archäologie
Archäologische Beweise zeigen, dass viele Legionslager ein
Amphitheater in der Nähe hatten. Jüngste Funde zeigen die Existenz von
Amphitheatern in der Nähe von Hilfstruppenlagern, besonders entlang des Limes.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass in vielen Fällen das Militär für die
Errichtung dieser Gebäude verantwortlich war, wie z. B. eine Inschrift aus dem
Amphitheater in Carleon, dem römischen Isca Silurum, zeigt, wo die Legio II
Augusta stationiert war. Die Inschrift zeigt stolz, welche Kohorte mit der
Errichtung der Arenamauer befaßt war.
In einigen Fällen existierten zwei Amphitheater, ein
militärisches für das Legionslager und eines für die zivile Siedlung. Dieses
waren Orte mit einem Hauptlegionslager und einer großen Ansiedlung in
unmittelbarer Nähe. Letzteres waren oft wichtige zivile Zentren mit dem
rechtlichen Status einer colonia oder eines municipium wie z. B.
Carnuntum im Österreichen oder Aquincum (Budapest).
Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Hauptstädte von
Germania Inferior, Colonia Claudia Ara Agrippinensium (Köln), und von Germania
Superior, Mogontiacum (Mainz), – beides waren auch sehr wichtige militärische
Stätten – wenigstens ein Amphitheater hatten. Leider haben sich bis jetzt keine
Spuren solcher Gebäude gefunden. Es gibt aber andere reichhaltige Hinweise
darauf. Die Sammlung des Römisch-Germanischen Museums in Köln enthält viele
Öllampen mit gladiatorischen Motiven sowie den Grabstein des Aquilos, der
höchstwahrscheinlich ein lanista einer Gladiatorentruppe war. Sein
Grabstein zeigt den Kampf zwischen einem thraex und einem murmillo.
In Mainz haben wir die Inschrift eines Gladiators namens Messor. Als
Provinzhauptstädte beherbergten Köln und Mainz große Garnisonen, aber sie waren
gleichzeitig auch die kulturellen Zentren und sorgten für typisch römische
Annehmlichkeiten und Entertainment.
Ein sehr gutes Beispiel eines Amphitheaters, welches zu
einem Legionslager gehört, ist das von Deva (dem heutigen Chester im Nordwesten
von England). Nach dem Abzug der Legio II Adiutrix, von der lange
angenommen wurde, das Amphitheater errichtet zu haben, war die Legio XX
Valeria Victrix dort stationiert, die in Wirklichkeit das erste
Amphitheater zwischen 95-96 n. Chr. errichtet hat, wie der kürzliche Fund einer
Münze bezeugt. Es bestand aus Holz-Fachwerk für die Sitzreihen mit einer
äußeren Steinmauer, bestehend aus Sandsteinblöcken mit einem Schuttkern
verbunden mit rotem Ton. Es wurde über 30 Jahre lang genutzt, vermutlich im
Zusammenhang mit der Wiedereroberung von Britannien. Vom Stil her erinnerte es
an die imperialen Amphitheater wie z. B. das Colosseum, nur in sehr viel
kleinerem Stil. Leider ist nicht mehr viel von diesem Amphitheater übrig und
die Archäologen können auch nur auf der Hälfte der Fläche graben, da die andere
Hälfte mit denkmalgeschützten Gebäuden überbaut ist.
Amphitheater von
Chester
Hilfstruppen-Amphitheater
Hierfür seien zwei Beispiele genannt, eines aus Hessen und
eines aus Bayern.
Das Hilfstruppenlager Zugmantel (Nähe Taunusstein-Orlen,
Hessen) lag in der Nähe des Limes. Gleich neben der B417 hat man einen
Limes-Wachturm rekonstruiert zusammen mit einem Teil der Palisade mit Graben.
Das eigentliche Lager liegt unterhalb des heutigen Parkplatzes und den
dahinterliegenden Wäldern. Das hölzerne Lager wurde Ende des 1. Jh. n. Chr. erbaut
und wurde Mitte des 2. Jh. n. Chr. durch eine Steinstruktur ersetzt,
wahrscheinlich durch die Cohors I Treverorum equitata, die in dieser
Zeit für dieses Lager belegt ist.
Nördlich vom Lager nahe der Hühnerstraße, auf halbem Wege
zum Limes-Wachturm, lag eine der beiden kreisrunden Strukturen, von denen man
annimmt, dass es Amphitheater sind. Sie hat zwei Eingänge, je einen auf der
Nord- und der Südseite. Eine ähnliche Struktur fand man östlich des Lagers beim
sog. Galgenköppel. Beides waren Erdstrukturen mit Holz-Sitzplätzen, obwohl
keine Spuren von Holz gefunden wurden. Deshalb nimmt man an, dass die Tribünen
abgebaut wurden, nachdem man das Amphitheater nicht mehr nutzte.
Die beiden Amphitheater können gleichzeitig genutzt worden
sein, um der Besatzung des Auxiliarlagers und den Bewohnern des umgebenden vicus
Unterhaltung zu bieten. Bei persönlicher Begehung der Stätte konnte ich die
Überreste des ersten Amphitheaters nur anhand von Informationstafeln ausmachen.
Bei genauerem Hinsehen konnte ich die Erhebung erkennen, auf der die Sitze
angebracht waren, heutzutage von Bäumen bestanden. Das Amphitheater am
Galgenköppel konnte ich mithilfe einer Landkarte finden, denn dort gibt es
leider keine Informationstafeln. Wenn man weiß, wonach man sucht, kann man die
runde Struktur im Wald ausmachen, aber auch sie ist überwachsen.
Dass es sich bei diesen beiden Strukturen um Amphitheater
handelt ist durch den bronzenen Greifenkopf bestätigt worden, der beim
Amphitheater an der Hühnerstraße gefunden wurde. Man nimmt an, dass er vom Helm
eines thraex stammt und ist heutzutage in der Saalburg ausgestellt.
Überreste einer ebenfalls ehemals hölzernen oval-runden
Struktur hat man in Künzing, Landkreis Deggendorf, gefunden. Künzing liegt an
der Donau, die hier die Grenze zwischem dem Imperium Romanum und dem Barbaricum
darstellte. Östlich vom Kastell breitete sich die Zivilsiedlung, der vicus, aus. Hier hat man jetzt im Jahr
2003 Verfärbungen im Boden entdeckt, die auf ein hölzernes Amphitheater
schließen lassen. Die Arena wurde ca. 2 m in den Boden eingetieft und hatte
Ausmaße von 35 m in Ost-West- und 31 m in Nord-Süd-Richtung. In einem Abstand
von je 4 m fand man der Arenarundung folgend die Nachweise von Pfostenlöchern
sowie eine Zwischenreihe weiterer Pfostenlöcher, die auf die Abstützung einer
Tribüne schließen lassen. Die Wissenschaftler schätzen, dass es fünf Sitzreihen
gab, auf denen 800 Zuschauer Platz fanden. Wenn man bedenkt, dass im Lager nur
500 Soldaten stationiert waren, so wurde das Amphitheatern wohl auch von den
Bewohnern des vicus besucht.
Anschaulich hat man die Umrisse des Amphitheaters mit
Holzbalken rekonstruiert. Heute befindet es sich auf einer grünen Wiese mitten
in einer Neubausiedlung und um eben dieses Archäologische Denkmal zu würdigen,
wird da auch nichts Neues hingebaut.
Sinn und Zweck
Die meisten Legionärs-Amphitheater waren aus Stein gebaut –
wahrscheinlich durch die Legionäre selbst – und waren für langfristigen
Gebrauch vorgesehen. Solch ein teures Gebäude ist sicherlich nicht nur für
einmal im Jahr stattfindende Gladitorenkämpfe vorgesehen. In seinen Epitoma
rei militaris vermutet Vegetius, dass alle Truppen regelmäßig trainieren
sollten, welches entweder auf dem Paradeplatz (campus) stattfand, in der
Übungshalle (basilica) oder im Legions-Amphitheater, welches er ludus
nennt. Dieser Begriff sollte nicht mit dem gleichen Wort verwechselt werden,
welches Gladiatorenschule bedeutet.
Amphitheater wurden mit Sicherheit auch für militärische
Zwecke genutzt, wie z. B. als Trainingsgelände für Pferde und Übungsbereich und
Paradeplatz. Wenn man jedoch die eher geringe Größe der Arenen bedenkt, war es
unmöglich für eine komplette Legion oder auch eine komplette cohors equitata
dort zu üben. Spezielle Pferdeübungsplätze, gyrus genannt, wurden an
verschiedenen Orten gefunden, z. B. The Lunt, Baginton, England und
Unterkirchberg. Diese hatten keine Sitztribünen um die Arena herum, deshalb
kann man sie als reine Trainingsgelände zum Reiten ansehen und nicht als
Amphitheater. Für größere Anzahl an Pferden und Truppen war der Platz zwischen
dem äußeren Graben des Forts und der vici/canabae
groß genug, um als Übungsplatz zu dienen. Aber kleine Einheiten können auch
durchaus die Amphitheater als Trainingsorte genutzt haben.
Die offensichtliche Frage allerdings ist, ob überhaupt
Gladiatoren in diesen militärischen Amphitheatern gekämpft haben. Es ist sehr
wahrscheinlich, dass in großen Amphitheatern, wie z. B. in Chester,
Gladiatorenkämpfe stattgefunden haben und vielleicht auch venationes
also Unterhaltung für die Soldaten des nahegelegenen Lagers und für die
Bewohner der ansehnlichen zivilen Siedlung, die das Lager umgab. Dieses wird
durch einen Fund in Chester bestätigt, ein Relief eines Retiarius in einer
seltenen Position: Er ist mit dem Netz dargestellt. Es ist bekannt, dass es bei
den Legionshauptquartieren Gladiatorentruppen gab, die tatsächlich auf Tour
durch die Provinzen gingen. Die o.g. Inschrift des Gladiators Messor aus Mainz
ist ein gutes Beispiel dafür – er könnte zu so einer herumreisenden familia
gladiatoria gehört haben.
Aber was ist mit den Amphitheatern der Auxiliarlager? Das
Amphitheater in Künzing (Bayern) scheint sehr eilig errichtet worden zu sein,
falls die unregelmäßigen Abstände zwischen den Pfostenlöchern ein Hinweis sein
können. Deshalb wird angenommen, dass es nur für eine bestimmte Gelegenheit
errichtet wurde und noch für eine kurze Weile danach genutzt worden sein
könnte. Es wird vermutet, dass es gebaut wurde, als Kaiser Hadrian die Grenzen
in Noricum, Raetia und der Germanischen Provinzen im Frühjahr 122 besuchte. Er
könnte dort eine Parade abgehalten haben – so wie er es in Lambaesis getan hat,
wovon ein Fragment seiner Rede überliefert ist – und Gladiatorenkämpfe könnten
ihm zu Ehren stattgefunden haben. Es kann ähnliche Gelegenheiten an anderen
Orten gegeben haben. Dieses wird durch die Darstellung eines Amphitheaters auf
der Trajanssäule bekräftigt. Es ist im Hintergrund neben einer befestigten
Stadt zu sehen mit dem Kaiser und einer Delegation von Barbaren im Vordergrund.
Der o.g. Greifenkopf von einem Thraex-Helm, der im
Amphitheater von Zugmantel gefunden wurde, ist ebenfalls ein starker Hinweis,
dass es auch in diesen kleinen Amphitheatern Gladiatorenkämpfe gegeben hat, um
die Lagerbesatzung sowie die Bewohner der vici und canabae zu unterhalten.
Fazit
Die Tatsache ist, dass Amphitheater bei Legionslagern
allgemein für eine längere Daure gebaut wurden, wie das o.g. Beispiel des
Amphitheaters von Chester zeigt. Außerdem waren auch die zivilen Siedlungen bei
Legionsstandorten größer als bei Auxiliarlagern, so dass diese Amphitheater
Unterhaltung für eine größere Masse boten. Amphitheater bei Auxiliarlagern
wurden wahrscheinlich nur für einen bestimmten Zweck errichtet, z. B. dem
Besuch eines Kaisers oder eines anderen Würdenträgers, obgleich sie nur für
eine kurze Zeit danach in Gebrauch blieben, geschätzte 20-30 Jahre im Falle von
Künzing.
Dass Gladiatoren bei den Legionären und Auxiliaren beliebt
waren, beweisen die gladiatorischen Artefakte, die man im ganzen Römischen
Reich gefunden hat. Den Soldaten wurde eine Art Entertainment geboten, selbst
an den Rändern des Reiches, auch wenn es nicht diese aufwendigen Shows des
Colosseums waren.
(Der vorliegende Text ist eine Übersetzung und Ergänzung
eines Artikels, den ich für das englischsprachige Magazin Ancient Warfare
geschrieben habe, der in der Ausgabe Vol. III, Issue 2, April/May 2009
veröffentlicht wurde.
http://www.karwansaraypublishers.com/cms/karwansaray/ancient-warfare/about.html )
http://www.karwansaraypublishers.com/cms/karwansaray/ancient-warfare/about.html )
Ein Amphitheater in Köln - wenn man drüber nachdenkt eingentlich logisch.
AntwortenLöschenWer weiß in welchen Fundament sich heute noch Reste befinden ? Man findet ja etliche Römersteine im Fundament alter Bauwerke/Kirchen.
Spannend.