Sonntag, 10. Mai 2015



Gladiatoren als Soldaten (Teil 2)


Das Vier-Kaiser-Jahr

Nach dem Tod von Nero musste das Römische Reich die nächste Krise überstehen, während der sich vier Männer innerhalb des Jahres 69 n. Chr. auf dem Kaiserthron abwechselten. Während dieser Bürgerkriege in diesem sogenannten Vier-Kaiser-Jahr spielten Gladiatoren eine wichtige Rolle in den Armeen von einigen dieser Möchtegern-Kaisern. Otho, der Galba besiegt hatte, wurde nun von Vitellius bedroht und hat deshalb eine Hilfstruppeneinheit von 2000 Gladiatoren rekrutiert, um seine Truppen zu verstärken. Diese Männer schickte er am Padus (der heutige Fluß Po) in die Schlacht gegen die Truppen seines Rivalen, der aus Germanien über die Alpen auf die Italische Halbinsel zumarschierte. Dieses ist das erste Mal, dass eine genaue Größe einer gladiatorischen Einheit in einer Armee genannt wird. Tacitus gibt sehr detaillierte Beschreibungen von dieser Schlacht in seinen Historien.

Vitellius’ General Caecina hielt Cremona und Othos General Martius Macer schickte seine Gladiatorentruppe über den Po, wo sie die Vitellischen Hilfstruppen verwirrten. Die meisten Auxiliarsoldaten flohen und diejenigen, die Widerstand leisteten, wurden niedergemacht. Dieses war ein Erfolg für die Gladiatoren, weil sie ihre Gegner überraschen konnten.

Othos Glück aber schwand, als die komplette Armee des Vitellius endlich die Poebene erreichte. Um sie beschäftigt zu halten, wurden die Soldaten des Vitellius angewiesen eine Brücke über den Po zu bauen, genau im Angesicht von Othos Gladiatoren. Am Ende der Brücke bauten die Vitellianer einen Turm, aber die Othoaner antworteten darauf, indem sie selbst einen Turm an ihrem Brückenende errichteten und kontinuierlich Steine und entflammte Wurfgeschosse auf die Vitellianer feuerten. Über die jetzt stattfindende Schlacht schreibt Tacitus ausführlich in Historia 2.35:

In der Mitte des Flusses war eine Insel, welche die Gladiatoren in Booten zu erreichen versuchten, aber die Germanen schwammen herüber und erwarteten sie. Als eine beträchtliche Zahl an Germanen den Fluss überquert hatte, belud Macer einige leichte Liburnen (röm. Schiff) und attackierte sie mit den Tapfersten seiner Gladiatoren. Aber Gladiatoren haben nicht die gleiche standhafte Tapferkeit in einer Schlacht wie Soldaten, und jetzt in diesen schwankenden Booten konnten sie nicht so genau schießen wie die Germanen, die vom Ufer zurückschossen. Und als die Gladiatoren in ihrer Furcht anfingen kopflos herumzurennen und sich Ruderer und Kämpfer mischten und sich im Weg waren, sprangen die Germanen ins das flache Wasser, hielten die Boote zurück und enterten sie oder versenkten sie mit ihren eigenen Händen. All dies geschah unter den Augen beider Armeen, und um so mehr es die Vitellianer erfreute, um so größer war die Empörung der Gefolgsleute von Otho gegenüber Macer, der der Grund und Urheber ihrer Niederlage war.
[Quelle: Lacus Curtius http://penelope.uchicago.edu/Thayer/E/Roman/Texts/Tacitus/Histories/2A*.html – eigene Übersetzung des englischen Textes]

Tacitus gibt uns einen Grund, warum die Gladiatoren, obwohl gute Kämpfer, keine Schlacht gewinnen konnten. Sie kamen nicht damit klar, auf einem schaukelnden Boot zu kämpfen, weil dieses für Männer, die den ebenen Sand auf festem Untergrund der Arena gewohnt waren, total ungewöhnlich war. Außerdem hatten sie das Pech gegen Batavische Hilfstruppen zu kämpfen, die Expterten dieser Art Kriegsführung waren.

Vitellius selbst benutzte auch Gladiatoren, als er Claudius Iulianus schickte, um die Irritationen seiner Soldaten zu beruhigen. Iulianus wurde von einer Stadtkohorte sowie einer Truppe von Gladiatoren unterstützt, auch wenn keine genaue Anzahl ihrer Stärke genannt ist. Iulianus setzte sich mit seinen Truppen zu Vespasian ab, die die Stadt Tarracina (in Latium) besetzten. Tacitus berichtet über diesen Vorfall:

Lucius Vitellius, der Bruder des Kaisers Aulus Vitellius, lagerte in Feronia und drohte den Truppen in Tarracina mit der Zertstörung der Stadt. Diese Truppen bestanden aus Gladiatoren, die von Iulianus befehligt wurden, sowie Seemännern von Apollinaris befehligt. Sie wollten keinen Kampf in der Ebene riskieren, sondern blieben auf der Stadtmauer. Tacitus vergleicht diese beiden Befehlshaber mit Gladiatoren anstatt mit Generälen wegen ihrer Lasterhaftigkeit und Trägheit. Weder befahlen sie ihren Soldaten Wache zu halten noch die Schwachpunkte der Befestigung zu verstärken, sondern hatten ihnen Aufträge gegeben, um ihrem Luxus zu dienen.

Schlussendlich wurde Tarracina gestürmt, einige der Gladiatoren widersetzten sich, aber ohne Erfolg. Lucius Vitellius informierte seinen Bruder über diesen Erfolg.

Grenzgefechte und noch ein Bürgerkrieg

Währen der Markomannenkriege an der Donau litten die Legionen des Marcus Aurelius an der Pest. Die Historia Augusta erwähnt, dass, aufgrund eines Mangels an verfügbarem Personal wegen der vielen durch die Plage dahingerafften Soldaten, der Kaiser Sklaven für den Militärdienst ausbilden ließ. Er nannte ihre Einheit “Freiwillige” und akzeptierte selbst Banditen aus Dalmatien und Dardania. Außerdem bewaffnete er Gladiatoren und nannte ihre Einheit “Die Folgsamen”.

Es ist nicht bekannt, wieviele Gladiatoren in dieser Einheit waren oder ob sie überhaupt in einer Schlacht kämpfen mussten, und falls, ob sie erfolgreich waren. Trotzdem ist dies ein weiteres Beispiel, dass Gladiatoren während einer nationalen Krise rekrutiert wurden, auch wenn es dieses Mal kein Bürgerkrieg war, sondern gegen eine Bedrohung von außen.

Nicht lange nach den Markomannenkriegen waren Gladiatoren wieder an einem inneren Konflikt beteiligt. Nach dem Tod des Kaisers Pertinax 193 n. Chr. boten zwei Männer darum Kaiser zu werden. Einer war Titus Flavius Sulpicianus, der Schwiegersohn des verstorbenen Pertinax, der andere war Didius Iulianus, der letztendlich das Bieten um den Kaiserthron gewann, indem er der Prätorianergarde 25.000 Sesterzen pro Mann versprochen hat. Die Armeen in den Provinzen aber akzeptierten Didius nicht als Kaiser. Stattdessen proklamierten sie Lucius Septimius Severus, der die Illyrischen Armeen hinter sich wusste. Die Historia Augusta berichtet, dass, als Severus auf Rom marschierte, Didius Iulianus dem Lollius Titianus befahl, die Gladiatoren aus Capua zu bewaffnen. Aber der Bericht sagt nicht, ob die Gladiatoren tatsächlich bewaffnet wurden und ob sie nach Rom marschierten, um Didius Iulianus zu unterstützen. Es mag sein, dass dieser Plan nie ausgeführt wurde, weil Didius Iulianus nach einer Regierungszeit von nur 66 Tagen getötet wurde. Aber mit Sicherheit war die Beteiligung von Gladiatoren in militärischer Aktion geplant, und zwar abermals in einer verzweifelten Situation.


Fazit
Warum wandten sich Generäle so oft an Gladiatoren, wenn sie für Ihre Armeen Manpower benötigten? Ein Grund war sicherlich, dass Gladiatoren trainierte professionelle Kämpfer waren. Jedoch waren sie es gewohnt, im Kampf für sich zu kämpfen, ohne von ihren Kameraden abhängig zu sein. Auch waren sie es gewohnt, Gegner mit einer anderen armatura zu bekämpfen.


In der Arena waren diese Fähigkeiten von großem Vorteil, aber im Krieg mussten die Gladiatoren als eine Einheit in römischem Stil kämpfen (die meisten Hilfstruppen waren mehr oder weniger in Kampfeinheiten ähnlich wie die Legionen organisiert). In den Bürgerkriegen standen sie entweder Legionären oder anderen Auxiliaren gegenüber, Gegner, die also in der selben Waffengattung wie sie kämpften. Die meisten Hilfstrupen waren mit einem großen ovalen Schild und einem Schwert ausgestattet (außer die Spezialtruppen wie Schleuderer, Bogenschützen und Kavallarie) und es ist anzunehmen, dass die Gladiatoren ebenso ausgerüstet waren und nicht in ihrer eigenen armatura kämpften.


Deshalb waren die am besten geeignetsten Gladiatorentypen die scutarii (Großschildner), z. B. provocatores, murmillones und secutores – diese waren es gewohnt, mit scutum und gladius zu kämpfen. Von diesen kämpften jedoch nur die provocatores gegen ihresgleichen in einem standardmäßigen Gladiatorenkampf. Als Auxiliare mussten sich diese Gladiatoren an eine andere Art von Schild gewöhnen – das scutum ist gebogen, während der Hilfstruppenschild flach ist. Für die anderen wie thraeces, hoplomachi und retiarii war der Wechsel zu einer neuen Waffengattung noch schwieriger.
Es gab gregatim (Gruppen-) Kämpfe von Gladiatoren in der Arena, aber selbst bei diesen kämpfte jeder Gladiator für sich, so dass eher mehrere Duelle zur selben Zeit stattfanden. Ein Vorfall ist überliefert aus der Zeit des Kaisers Caligula, wo fünf retiariii gegen fünf secutores kämpften und ein retiarius übrig blieb, fünf secutores gegenüberstehend. Angesichts dieser hoffnungslosen Stituation gab er auf. Aber als Kaiser Caligula ihm die missio verwehrte, nahm er – entgegen der Regeln – seinen Dreizak wieder auf und tötete seine Gegner schnell.

Zudem waren Gladiatoren es auch nicht gewöhnt, lange Distanzen zu marschieren und dabei ihre Ausrüstung zu tragen. Weder wussten sie, wie man ein Lager errichtete noch konnten sie ihr eigenes Essen kochen, Sachen, die aber für reguläre Soldaten und Auxiliare selbstverständlich sind. Aber weil Gladiatoren bereits ausgebildete Kämpfer waren, schienen sie für diejenigen, die dringend Truppen benötigten, eine gute Alternative zu sein im Gegensatz zu total unerfahrenen Rekruten. Gladiatoren benötigten nämlich kein grundlegendes Waffentraining mehr, nur das, was das Kämpfen in einer Einheit ausmachte. Wie bereits oben schon erwähnt, erhielten Gladiatoren und Soldaten die selben Grundlagen im Schwertkampf.


Man kann eine Entwicklung im Gebrauch von Gladiatoren in der Armee erkennen. Zuerst wurden nur Gladiatorentrainer gerufen, dann dienten die Gladiatoren als Bodyguards und als Männer furs Grobe für mächtige Individuen und schließlich wurden sie als Kämpfer in der Armee gebraucht während verschiedener Bürgerkriege und Kriege gegen Feinde von außen.


Keine der Quellen erwähnt jedoch wie die Gladiatoren ausgestattet waren, wenn sie als Soldaten kämpften, und nur einmal ist ihre Truppenstärke genannt. Manchmal ist selbst das Ergebnis des Einsatzes der gladiatorischen Einheit unbekannt, wie z. B. bei dem Markomannenkriegen. Wir wissen jedoch mit Sicherheit, dass die Gladiatoren wie Hilfstruppen organisiert waren, was nachvollziehbar ist, da die Legionen nur römischen Bürgern offenstanden. Viele Gladiatoren waren Fremde, sogar Sklaven, und selbst ein römischer Bürger, der sich als freiwilliger Gladiator einschrieb (auctoratus), wurde damit infamis und verlor seine Bürgerrechte und war vom Dienst in der Legion ausgeschlossen.


Obwohl Gladiatoren sehr gut trainierte Profi-Kämpfer waren bewiesen sie dennoch nicht, dass sie auch gute Soldaten waren. Die Art zu Kämpfen war zu unterschiedlich und das Terrain auf dem sie kämpfen mußten, war ihnen unbekannt. Schwankende Boote und belagerte Stadtmauern waren doch etwas ganz anderes als ihre ihnen bekannte Welt des ludus und der Arena.

Ich danke Dr. Philip Matyszak für seine Hilfe und Unterstützung.

Literatur
Battaglia, Dario and Ventura, Luca De Rebus Gladiatoriis – Dal gymnasion al ludus attraverso i sepolcri, Associazione Ars Dimicandi, 2010

Bernet, Anne Les Gladiateurs, Editions Perrin, 2002

Coulston, Jon C. N. “Gladiators and Soldiers: personnel and equipment in ludus and castra”, Journal of Roman Military Equipment Studies, Vol. 9, 1998

Coulston, Jon C. N. “By the sword united: Roman fighting styles on the battlefield and in the arena”, in Barry Molloy The Cutting Edge, Tempus Publishing, 2007

Grant, Michael Gladiators – The Bloody Truth, “Chapter Four – The Gladiators and Their Public”, Penguin Books, 1967

Matyszak, Philip Gladiator – the Unofficial Handbook, Thames & Hudson 2011

Nyary, Josef Die Gladiatoren – Zum Töten erzogen, zum Sterben bestimmt, “Teil 2: Spartakus und der Aufstand der Gladiatoren“, Econ Verlag, 1982

Samstag, 9. Mai 2015



Gladiatoren als Soldaten (Teil 1)

Vorwort


Der nachfolgende Text war auf Englisch vorgesehen für eine Veröffentlichung im Magazin ‘Ancient Warfare’. Leider ist es dazu nie gekommen, deshalb biete ich ihn jetzt hier auf Deutsch den geneigten Lesern meines Blogs an.

Gladiatoren und Soldaten


In der römischen Gesellschaft wurden Gladiatoren als infamis angesehen, was bedeutet, dass sie verachtete Personen waren. Aber ein hoher Status in der römischen Gesellschaft war sowieso nur für die Obere Klasse, wie Patrizier- und Ritterfamilien, wichtig. Falls ein römischer Bürger sich gegen Geld als Gladiator verpflichtete, wurde er von den Besitzlisten gestrichen, durfte kein öffentliches Amt mehr ausüben oder im Militär dienen. Dieser gesellschaftliche Ausschluß war für immer und nicht nur für die Zeit, während der sich der Bürger einem lanista als Gladiator verpflichtete. Es ist aber zu bedenken, dass nur sehr wenige daran dachten, eine politische Karriere zu verfolgen. Deshalb war es für die Mehrheit der römischen Bürger nicht wichtig, ob sie für ein öffentliches Amt kandieren durften oder nicht.

Ein Grund auctoratus (freiwilliger Gladiator) zu werden war, dass es eine Alternative zum langen Militärdienst in den Legionen darstellte. Ein Soldat diente ca. 20 Jahre, während ein Gladiatorenvertrag überwiegend für drei bis fünf Jahre abgeschlossen wurde. Trotzdem war auch Gladiator ein gefährlicher Job, aber für einige war es sicherlich das Risiko wert, denn ein Gladiator kämpfte nur bis zu zweimal im Jahr öffentlich, während ein Soldat täglich sein Leben in langen Kampagnen riskieren kann.

Das Training für Gladiatoren war hart und das auch noch jeden Tag. Aber andererseits konnten die Männer (und auch ein paar Frauen) sicher sein, regelmäßige Mahlzeiten und auch medizinische Versorgung zu bekommen, und selbst solche Annehmlichkeiten wie Bäder und Massagen nach einem langen Trainingstag. Es dauerte ungefähr ein Jahr bevor der tiro-Gladiator (Rekrut) seinen ersten Kampf bei einem munus (Gladiatorenkampf) hatte. Bis dahin wurde er als Kämpfer in seiner spezifischen armatura (Waffengattung) ausgebildet, sollte in der Lage sein, in der Arena virtus zu zeigen. Es wurde von ihm erwartet, dem Tod ins Auge zu schauen ohne Angst zu zeigen und so ein gutes Beispiel zu sein für die Soldaten, die ermuntert wurden, sich Gladiatorenkämpfe als Beispiel von virtus anzugucken. Virtus bestand aus den folgenden moralischen Qualitäten, die ein guter Soldat zeigen sollte:

Virtus
-                     Fortitudo (Stärke)
-                     Disciplina (Training)
-                     Constantia (Zuverlässigkeit)
-                     Patientia (Ausdauer)
-                     Contemptus mortis (Todesverachtung)
-                     Amor laudis (Ruhmsucht)
-                     Cupido victoriae (Siegeswillen)

Die Legionen waren Roms Eliteeinheiten bestehend aus römischen Bürgern, während die Hilfstruppen aus den eroberten und ins römische Reich eingegliederten Nationen geformt wurden. Sehr oft kämpften die Auxiliare mit ihren vertrauten Waffen, z. B. Schleuderer von den Balearen, Bogenschützen aus dem östlichen Teil des Reiches und keltische und germanische Reiterei. Auxiliare dienten länger als Legionäre – ca. 25 Jahre – bekamen aber das Römische Bürgerrecht nach einer ehrenvollen Entlassung aus der Armee.

Gladiatorentrainer unter Marius


Die Quellen berichten von mehreren Gelegenheiten bei denen Gladiatoren für militärische Zwecke eingesetzt wurden, aber dieses fand immer in Krisenzeiten statt.

Die erste solcher Krisen war 105 v. Chr., als die germanischen Stämme der Kimbern und Teutonen in Italien eingefallen waren und mit einem Marsch auf Rom drohten. Marius, der Römische General, erweiterte die Idee seines Vorgängers Rutilius Rufus Gladiatorentrainer zu benutzen, um die Legionäre in Nahkampftechniken auszubilden. Wissenschaftler vermuten, dass das Grundtraining von Legionären und Gladiatoren das gleiche war, nämlich wie von Vegetius in seinen Epitoma Rei Militaris beschrieben. Die Trainierenden trugen einen Weidenschild und übten Schwertstreiche mit Holzschwertern gegen einen Pfahl (lat. palus).

Das Training der Legionäre war hauptsächlich darauf ausgerichtet, als Einheit zu kämpfen, während Gladiatoren immer Einzelkämpfer waren. Marius jedenfalls sah die Gefahr, dass gegen einen Feind wie die Kimbern und Teutonen die Einheiten der Armee im Kampf aufgebrochen werden könnten und die Legionäre dann auf sich gestellt wären. Teilweise durch solches Einzelkampftraining konnten die Legionäre die Barbarenhorden besiegen und zurückwerfen.

Spartacus und seine Sklavenarmee


Eine ernste Bedrohung für die Römer aus dem Inneren des Imperiums war die Sklavenrevolte, die von dem Gladiator Spartacus gestartet worden war, der es wagte, sich zwei Jahre lang den römischen Legionen zu stellen. Der Historiker Florus (in Epitoma 2.8.8) fasst Spartacus’ Karriere wie folgt zusammen:
…durch den Mann, der von einem thrakischen Söldnder zu einem Soldaten wurde, und von einem Soldaten zu einem Deserteur, dann ein Wegelagerer, und schließlich aufgrund seiner Kraft ein Gladiator.
[Quelle: Lacus Curtius http://penelope.uchicago.edu/Thayer/E/Roman/Texts/Florus/Epitome/2B*.html#VIII – eigene Übersetzung des englischen Textes]

Dieser kurze Kommentar zu Spartacus zeigt deutlich, dass er einen militärischen Hintergrund hatte. Gemäß Florus diente er sogar für einige Zeit in der römischen Armee bevor er desertierte. Er wurde von den Römern gefangen und gezwungen, als Gladiator zu trainieren. Jedoch schaffte er es aus dem ludus (Gladiatorenschule) von Lentulus Batiatus in Capua zu entkommen, zusammen mit 80 Kameraden, die später den Kern seiner Armee bildeten. Der Rest dieser Armee, die am Schluß 100.000 Mann zählte, waren überwiegend Schäfer und Feldsklaven, die von ihren Herren weggelaufen waren, um sich den Gladiatoren anzuschließen. Weil die Rebellen es schafften zwei Jahre lang der römischen Armee Widerstand zu leisten, ist es wahrscheinlich, dass Spartacus die Sklaven in Kampfeinheiten aufgestellt hat, ähnlich wie er es gesehen hat, als er in der römischen Armee diente. Seine Führungs’offiziere’ waren seine engsten Kameraden : Crixus, ein Kelte, Castus und Oenomaus aus Gallien, der Germane Gannicus und ein Mann unbekannter Herkunft namens Publipor. Diese Männer, ähnlich wie viele der entkommenen Sklaven, die sich Spartacus’ Armee angeschlossen haben, waren wahrscheinlich ehemalige Krieger, die schon Erfahrung darin hatten gegen die Römer zu kämpfen.

Als erstes kämpften die Gladiatoren und Sklaven damit, was ihnen in die Hände kam, z. B. mit Küchenmessern, Mistgabeln etc. Gleich nach dem Ausbruch aus dem ludus stießen die Gladiatoren auf einen Karren, der mit Gladiatorenwaffen beladen war, die für einen munus (Gladiatorenkampf) in einer anderen Stadt bestimmt waren. Mit diesen Waffen ausgestattet zogen sich die Gladiatoren auf den Vesuv zurück, welcher bald von Soldaten unter Kommando von Clodius Glabrus belagert wurde. Sie entkamen vom Berg und besiegten die Römer, die sie belagerten, in Folge. Spartacus’ Männer tauschten die Gladiatorenwaffen zugunsten der römischen Ausrüstung, die nicht nur aus Waffen, sondern auch aus Werkzeugen und anderer militärischer Ausrüstung bestand. Gemäß Florus haben die Gladiatoren sogar Weidenschilde selber gebaut und ihrem Arsenal hinzugefügt.

Florus macht in seinen Epitoma deutlich, dass es eine Schande für die Römer war, gegen vermeintliche Niedere, wie Gladiatoren und flüchtige Sklaven, zu kämpfen. Trotzdem haben diese Gladiatoren und Sklaven den römischen Armeen zwei Jahre lang Paroli bieten können. Dieses war aber nur möglich, weil Spartacus wie ein General dachte, und selbst die Römer mussten zugeben, dass seine Männere tapfere Kämpfer waren.

Bodyguards und Private Gladiatorentruppen


Caesar besaß Gladiatorenschulen, z. B. eine große in Capua. Als es während des Bürgerkriegs hieß, dass Caesar auf Rom marschiert, brach der Konsul Lucius Cornelius Lentulus (der sich Pompeius anschloß) nach Capua auf. Dort brachte er die Gladiatoren aus Caesars ludus auf den öffentlichen Marktplatz. Er versprach ihnen ihre Freiheit und gab ihnen Pferde und befahl ihnen, ihn zu begleiten. Aber als seine Freunde ihn warnten, dass dieses nicht geschätzt war, verteilte er die Gladiatoren unter den Sklaven in der Campania, so dass sie dort Wache halten sollten. Caesar erwähnt diesen Vorfall in seinem Buch über den Bürgerkrieg.

Caesar war aber nicht der einzige im Besitz von Gladiatoren; Decimus Brutus – einer der Verschwörer gegen Caesar – hatte eine Truppe Gladiatoren beim Theater des Pompeius stationiert, in der Nähe wo sich der Senat traf, so dass sie bereit standen, falls das Attentat auf Caesar mißlingen sollte. Wie allgemein bekannt, konnten die Verschwörer ihre grauenhafte Tat aber ohne Hilfe von außen beenden.

Lucius Antonius, der Bruder von Marcus Antonius, nahm 40 v. Chr. die Stadt Perusia (das heutige Perugia in der Region Umbria in Mittelitalien) ein. Er brachte mit sich eine Truppe von Gladiatoren. Der Historiker Appian erinnert sich (in Bürgerkriege 5.33), dass Augustus’ Legionen die besseren Wurfgeschosse hatten, aber dass Lucius’ Gladiatoren besser beim Kampf Mann gegen Mann waren und Augustus’ Legionen so viele Verluste zufügen konnten. Bei einer Gelegenheit machte eine Gruppe der Gladiatoren einen unerwarteten Ausfall aus der Stadt und beendete so beinahe die Karriere von Octavian (dem späteren Augustus), der den Stadtmauern zu nahe gekommen war, als die Gladiatoren den Ausfall wagten.

Der Historiker Cassius Dio erwähnt, dass Marcus Antonius eine Gladiatorentruppe gekauft hat, die er in Cyzicus in Syrien hatte. Diese sollten bei seinen Triumphspielen auftreten, falls er seinen Rivalen Octavian (den späteren Augustus) besiegte. Als die Gladiatoren erfuhren, dass Antonius nach Ägypten geflohen war, nachdem er und Cleopatra bei der Schlacht von Actium besiegt worden waren, beschlossen sie, ihm im Land der Pharaonen beizustehen. Aber der Gouverneur von Syrien, Quintus Didius, hinderte die Männer daran, durch Syrien nach Ägypten zu marschieren, obwohl sie versucht hatten, sich tapfer den Weg freizukämpfen. Die Gladiatoren hofften auf eine Nachricht von Antonius, aber als sie keine Antwort erhielten, dachten sie, dass er umgekommen sei. Widerwillig trafen sie mit Didius die Vereinbarung, nie mehr als Gladiatoren zu kämpfen. Sie mußten in Daphne, einem Vorort von Antiochia, ausharren, bis der Fall Octavian vorgelegt werden konnte. Später wurden sie von Messala hereingelegt, der sie an verschiedene Orte schickte unter der Prämisse, dass sie in die Legionen eingeschrieben werden sollten, aber die Männer “wurden auf bequeme Art und Weise aus dem Weg geschafft,” wie es Cassius Dio formuliert.

Marcus Antonius besaß diese Gladiatorentruppe, sie waren ihm treu und wollten in der Arena bei seinen Spielen auftreten. Wären sie genauso loyal gewesen, wenn Antonius sie gefragt hätte, ihm als Bodyguards oder als seine Privatarmee zu dienen, wenn sie Ägypten erreicht hätten? Man kann aufgrund ihres harnäckigen Versuchs, zu ihm durchzukommen, annehmen, dass sie mehr als glücklich gewesen wären ihm zu dienen.

Tacitus berichtet in seinen Annalen 1, 22-23 über eine Revolte in Pannonia, die während der Regierung des Tiberius im Jahr 14 n. Chr. stattfand. General Blaesus hatte Gladiatoren als Bodyguards. Diese und andere Sklaven wurden beschuldigt, einen Soldaten ermordet zu haben, aber es stellte sich als falsche Anschuldigung heraus. In diesem Fall traten die Gladiatoren nicht als Soldaten auf, aber als Leibwache eines hochrangigen Militäroffiziers.

In den Annalen 3.43 schreibt Tacitus über eine andere Revolte – die des gallischen Stammes der Aeduer gegen Rom im Jahr 21 n. Chr. Die Rebellenarmee bestand aus 40.000 Männern, ein Fünftel davon war ausgestattet wie Legionäre. Aber es gab auch Sklaven in der Armee, die als Gladiatoren ausgebildet waren. Dies ist das einzige Mal, wo der Gladiatorentyp crupellarius in einer literarischen Quelle erwähnt wird. Der einzige andere Beleg für diese Gladiatorengattung ist eine kleine Statuette, die einen Kämpfer zeigt, der von Kopf bis Fuß eine Rüstung trägt und von daher eher an einen mittelalterlichen Ritter als an einen Gladiator erinnert. Es war sehr schwer für die Legionäre, diese Rüstung zu durchdringen. Dies ist eines der seltenen Beispiele, wo Gladiatoren ein Teil einer Nicht-römischen Armee waren. (die Gladiatoren aus Spartacus’ Sklavenarmee sind natürlich das bekannteste Beispiel).

Den Kaiserviten von Sueton zufolge favorisierte Caligula nicht nur den Gladiatorentyp des thraex (Thraker) in der Arena, sondern rekrutierte auch seine Leibwache von den thraeces.