Mittwoch, 30. Januar 2013

Auf gladiatorischen Spuren in der Türkei 2005


Im Oktober 2005 bin ich mit einem Kumpel in die Türkei gereist. Wir haben eine kleine Rundreise gemacht, überwiegend zu Orten mit antiken Spuren. Der erste Stop war in Selcuk, die moderne Stadt in der Nähe von Ephesos.

Mein Kumpel und ich wollten eigentlich zu der Burg, kamen aber nur bis zur spätrömischen Basilika, der Aufstieg zur Burg war uns also verwehrt. Deshalb machten wir im Schatten von Bäumen auf einer Mauer Rast. Als ich mich umschaute, wo wir da überhaupt saßen, fiel mein Blick auf diesen Reliefstein:

Auch wenn es ein ziemlich grob verarbeitet und verwittert ist, ist ein Kämpfer zu erkennen, der mit einer Langwaffe kennt. Zwei Zacken sind zu erkennen und in der linken Hand wohl auch noch ein Dolch, weshalb ich auf einen Retiarius schließe, der mit Dreizack und Netz kämpfte und als Sekundärwaffe einen Dolch hatte. Mir scheint hier, daß die dritte Zacke des Dreizacks ist entweder aus künstlerischen Gründen weggelassen worden oder verwittert ist.

Die Basilika als ehemalige christliche Kirche war ein sehr unerwarteter Ort, ausgerechnet so ein Relief vorzufinden. Dafür waren die beiden nächsten Reliefs eher zu erwarten, denn sie befanden sich in der Nähe vom Theater von Ephesos:

Auch hier ist ein Kämpfer mit Langwaffe zu sehen. Außerdem erinnert dieser große halbkreiförmige Gegenstand an den wokförmigen Schild des Hoplomachus, weshalb ich hierbei auf selbigen tippe und diese Langwaffe somit eine hasta (Stoßlanze) ist.

Dieser Stein stand unmittelbar neben dem vom Hoplomachus. Hier ist der Dolch in der linken Hand gut zu erkennen, der Rest leider wieder sehr verwittert, trotzdem tippe ich hier abermals auf einen Retiarius, da er keine weitere Schutzausrüstung wie z. B. einen Schild hat.

Es ist nicht verwunderlich, daß diese beiden Reliefs in der Nähe vom Theater zu finden waren. Im Osten des Römischen Reiches gab es nur ganz selten Amphitheater. Gladiatorenkämpfe und Tierhetzen fanden also in entsprechend umgebauten Theatern statt, wo die erste Reihe nicht auf Höhe der Bühne war sondern erhöht, so daß kein Tier oder kampfunwilliger Gladiator da mehr hochspringen konnte, oder in einer Ecke vom Stadion.



Freitag, 18. Januar 2013


Rezension: Dario Battaglia und Luca Ventura „De Rebus Gladiatoriis”


ISBN: 9788890088018
Seiten: 318
Autoren: Dario Battaglia, Luca Ventura
Verlag: Associazione Ars Dimicandi

Die beiden Autoren sind Mitglieder des Istituto Ars Dimicandi aus Mailand, welches sich der Experimentellen Archäologie widmet. Seit einiger Zeit beschäftigen sie sich auch mit der Bewaffnung der Gladiatoren, testen sie in Kämpfen, welche sie auf verschiedenen Römerfesten in ganz Europa präsentieren. 2002 hat Dario Battaglia bereits sein erstes Buch zu diesem Thema veröffentlicht, „Retiarius vs. Secutor“. Im vorliegenden Band ist Battaglia für den Text verantwortlich, während sich Ventura für die bibliographische Recherche Zuständig zeigt.

Das Buch ist aufgeteilt in eine Einführung und drei Teile sowie einen Anhang bestehend aus drei Kapiteln.

Bereits die Einführung geht sehr ins Detail. Es werden nicht nur gladiatorische Quellen aufgelistet wie z. B. Abbildungen, Literatur und Inschriften und Archäologie, sondern auch die Funde von Gladiatorenknochen aus Ephesos werden genauestens analysiert und die Schlussfolgerungen der österreichischen Archäologen werden diskutiert. Hier findet sich auch die Erwähnung der vierzinkigen Waffe, die in Ephesos gefunden wurde.

Der erste Teil handelt von den Ursprüngen der Gladiatur. Im Gegensatz zu den meisten Wissenschaftlern, die hauptsächlich den Campanisch-Lucanischen und Etruskischen Ursprung erwähnen und bewaffnete Duelle in der Griechischen Welt nur beiläufig streifen, beleuchtet Battaglia die verschiedenen Typen griechischer Agone und ihrer Einflüsse auf den griechischen Teil der Italienischen Halbinsel. Besonders die Campanisch-Lucanischen Städte waren unter griechischem Einfluß, während die Etrusker von den Galliern beeinflusst wurden. Battaglia sieht die Ursprünge der Gladiatur nicht in Beerdigungsspielen sondern in bewaffneten Wettkämpfen freier Bürger.

Der zweite Teil ist der Hauptteil des Buches, der sich mit den verschiedenen Gladiatorentypen beschäftigten, denen jeder sein eigenes Kapitel gewidmet ist. Er fängt mit den ältesten Gattungen wie samnis (Samnit) und gallus (Gallier) an. Battaglia bezieht sich auf viele Fresken und Mosaike, welche angeblich diese Gladiatorentypen zeigen. Diese Arten werden von dem meisten Wissenschaftlern vernachlässigt wegen des angeblichen Fehlens von Beweisen. Battaglia folgt in der Typologie der klassischen und nicht der revidierten von Marcus Junkelmann, sehr wohl in Kenntnis von Junkelmanns Theorien. Er legt detailliert klar, warum er Junkelmann widerspricht. Manchmal scheinen seine Unter-Kategorien zu sehr weit hergeholt und kompliziert. Da fragt man sich, ob die Römer wirklich solch eine detaillierte Unterscheidung gemacht haben. Z. B. teilt er den Thraex in A und B auf und für den Murmillo gibt es sogar drei Unterteilungen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Autoren nimmt sich Battaglia sogar die Zeit seltene Gattungen wie cruppelarius, arbelas/scissor, dimachaerus etc. ausführlich zu beschreiben.

Der dritte Teil widmet sich der Bewaffnung und Rüstung der verschiedenen Gladiatorentypen. Battaglia listet z. B. Schildtypen der Griechen auf, die bei Proto-Gladiatoren zum Einsatz kamen. Außerdem schließt er auch griechische Helme in die Helm-Typologie ein, aber er klassifiziert sie mehr nach Form als nach Herkunft.

Der vierte Teil sind die drei Anhänge: Der erste handelt von Gesten mit der Hand, welcher natürlich die Bedeutung des pollex versus (lat. „umgedrehter Daumen“) erklärt, indem er sich auf antike Bilddarstellungen bezieht, wo diese spezielle Geste zu sehen ist. Außerdem analysiert auch weitere Gesten wie die der Schiedsrichter wie auf antiken Fresken, Mosaiken und Reliefs zu sehen ist.

Der zweite Anhang ist über die Beziehung zwischen Armee und Gladiatoren. Hier reicht sein Blick auch wieder zu den Griechen zurück, bevor er das militärische Training der Jugend bei den Römern betrachtet und zum Schluß das Vorkommen von Gladiatoren in der römischen Armee.

Zum Abschluß gibt es ein paar Zeichnungen von Rekonstruktionen der häufigsten Gladiatorentypen wie z. B. provocatores mit einer Darstellung der Achillia, scutati (Großschildner) und parmulati (Kleinschildner), retiarii und contraretiarii.

Die Bibliographie beinhaltet eine lange liste von Antiken Quellen von Inschriften, Literatur und eher kurz moderne Referenzen. Leider fehlt diesem Buch ein Glossar und auch ein Index.

Vor jedem Kapitel gibt es Abbildungen, die für das jeweilige Kapitel relevant sind. Aber manchmal bezieht sich Battaglia auch auf eine Abbildung eines vorherigen oder nachfolgenden Kapitels. Dank der guten Numerierung sind sie jedoch leicht zu finden. Leider wird die antike Ikonographie wie Fresken, Reliefs, Mosaike, Öllampen, Statuetten, Grabsteine etc. nur als Zeichnung und nicht als Foto wiedergegeben. Manchmal verdeutlicht es die Abbildung aber eher als ein Foto. Leider sind die Fotos der Gladiatoren von Ars Dimicandi nur ins schwarz-weiß, und diese hätten in Farbe besser gewirkt.

Positiv ist, daß alle Quellen genau zitiert und falls in Originalsprache im Text wiedergegeben sind, auch übersetzt wurden. Nur die CIL Inschriften sind mit ihrer entsprechenden CIL Nummer erwähnt und nicht übersetzt.

Da dieses Buch sehr ins Detail geht, ist es sicherlich nicht für den Einsteiger ins Thema Gladiatoren geeignet. Aber selbst wer den Junkelmann gelesen hat, sollte sich auch Battaglias andere Ansichten zum Thema Gladiatoren antun, leider bisher nur auf Italienisch, obwohl eine Übersetzung ins Deutsche und auch Englische angedacht waren.

Hiermit beende ich fürs erste die Serie über Buchvorstellungen. Eine Liste an empfehlenswerter Literatur zum Thema Gladiatoren findet sich auf unserer Website http://www.ludus-nemesis.eu/pdf/LuNem_Literatur_de.pdf Ich habe dort bewußt Bücher ausgelassen, die ich nicht für empfehlenswert halte, wie das von Alan Baker und Michael Grant.

Ich werde demnächst auch mal versuchen, die verschiedenen Gattungen aufzudröseln und die Unterschiede der drei führenden Historikern Marcus Junkelmann, Dario Battaglia und Eric Teyssier aufzuzeigen, denn dies sorgt doch noch für einige Verwirrungen und auch Diskussionen unter Gladiatorendarstellern.

Donnerstag, 17. Januar 2013


Rezension: Konstantin Nossov “Gladiator – Rome’s Bloody Spectacle”


ISBN:                          978 1 84603 472 5
Seiten:                          208
Autor:                          Konstantin Nossov
Verlag:             Osprey Publishing

Der Autor dieses Buches, Konstantin Nossov hat bereits für den Osprey Verlag veröffentlicht und dieses Buch über Gladiatoren ist bereits 2005 auf Russisch erschienen. In den letzten Jahren sind Gladiatoren sehr populär geworden und dieses ist ein weiteres der vielen Bücher über die Arenakämpfer. Es versucht alle Aspekte bzgl. Gladiatoren als auch venatores (Tierkämpfer) abzudecken und beinhaltet sogar die Architektur von Amphitheatern. Wenn man nun aber bedenkt, dass dieses ganze auf 208 Seiten ist, wovon 40 davon auch noch Anhänge, Fußnoten und ein Glossar sind, so ist klar, dass nicht jedes Thema im Detail betrachtet werden kann. Trotzdem sind keine wichtigen Themen ausgelassen: die Ursprünge der Gladiatorenkämpfe werden erklärt, die Typen und Bewaffnungen ebenso wie die der venatores (letztere werden in den meisten anderen Veröffentlichungen ausgelassen), die gemäß der letzten Funde beschrieben werden. Nossov schließt selbst den arbelas (ehemals als scissor bezeichnet) mit ein, der ausführlich auch in der zweiten Auflage von Junkelmanns Buch von 2008 diskutiert wird (siehe vorherigen Blog). Weil die Russische Originalversion vor der zweiten Auflage Junkelmanns erschien, konnte er sich nur auf die erste Auflage beziehen. Dem knappen Platz geschuldet, kann Nossov das Thema der Entwicklung und Architektur von Amphitheatern nur an der Oberfläche ankratzen, denn dieses ist ein sehr weitläufiges Thema, zu dem viele Bücher geschrieben wurden.

Das Buch enthält auch viele Fotografien, von denen einige vom Autor selbst gemacht wurden auf seinen Europareisen. Obwohl die meisten Abbildungen aus anderen Werken bekannt sind, dürften die Fresken von Ashiks Krypta in Panticapaeum am Schwarzen Meer den meisten Lesern aus Westeuropa unbekannt sein. Der Zeichner Vladimir Golubev hat die Rekonstruktionen des Autors der verschiedenen Gladiatorentypen illustriert. Die Zeichnungen sind sehr genau und zeigen die tatsächliche armatura und auch die Paarungen von Gladiatoren sowie venatores aus verschiedenen Jahrhunderten. Leider sind die Abbildungen nicht nummeriert, weshalb es nicht so einfach ist, die dem Text entsprechende Zeichnung zu finden.

Das Buch wird abgerundet mit einem Anhang über die Gladiatorengattungen und der häufigsten Gladiatorenpaarungen sowie einen Glossar (obwohl unter einem Beitrag ein Italienisches Wort statt des Lateinischen steht), des weiteren Fußnoten und eine Bibliographie über antike Quellen als auch weiterführende Literatur.

Wegen seiner Kürze dient dieses Buch als gute Einführung für Leser, die noch nichts zum Thema Gladiatoren wissen, denn es deckt wirklich fast jeden Aspekt der Arenaspektakel ab. Aber für Kenner des Themas bietet es keine neuen Einsichten. Dieses Buch ist bisher nur auf Englisch erhältlich.

Mittwoch, 16. Januar 2013

Rezension: Marcus Junkelmann "Gladiatoren - Das Spiel mit dem Tod (Überarbeitete Auflage 2008)"

Mit meinen nächsten Blogs möchte ich Euch meine Rezensionen zu Gladiatoren-Sachbüchern näherbringen, die ich zum Teil auch schon anderweitig veröffentlicht habe. Der erste Blog zu diesem Thema ist natürlich zu dem bahnbrechenden Werk von Marcus Junkelmann, das mittlerweile sozusagen die Bibel für Gladiatoren-Darsteller ist ;-)

Schon die erste Auflage unter dem Titel "Das Spiel mit dem Tod - So kämpften Roms Gladiatoren" aus dem Jahre 2000 avancierte schnell zu einem Standardwerk unter Wissenschaftlern sowie historischen Darstellern von Gladiatoren. Und das auch zurecht! Akribisch legt Junkelmann die Ursprünge der Gladiatur und die Zuordnung zu den einzelnen Gattungen da, wobei er immer wieder auf frühere Werke anderer Autoren zu diesem Thema verweist und deren Beweisführung folgt bzw. sie widerlegt. Detailliert werden auch die einzelnen Rüstungsteile beschrieben, und insbesondere die Helme werden sehr ausführlich klassifiziert. Auch die Waffen, übersichtlich geordnet, werden genauestens beschrieben. Gespickt ist das ganze mit vielen Fotos und detaillierten Bildunterschriften. In den Texten sind immer wieder Verweise zu den Fotos, auch wenn es sich um Abbildungen weiter vorne oder weiter hinten im Buch handelt. Bekannt geworden ist dieses Buch auch durch den Katalog gladiatorischer Rüstungsteile im Anhang. Thematisch geordnet sind die originalen Fundstücke, die zumeist aus Pompeii stammen, und die technischen Daten wie Material, Abmessungen etc. sind akribisch aufgeführt. Abgerundet wird das ganze durch die Erfahrungsberichte der Mitglieder der Familia Gladiatoria Pulli Cornicinis.

Die Neuauflage mit dem etwas griffigeren Titel "Gladiatoren - Das Spiel mit dem Tod" basiert im wesentlichen auf der Ausgabe von 2000. Die neuen Erkenntnisse befinden sich im hinteren Teil des Buches, es sind aber in den ursprünglichen Texten Verweise auf die neuen Erkenntnisse eingebaut, so dass der Leser sich entscheiden kann, ob er das Buch von vorne bis hinten durchlesen oder bei jedem Thema lieber gleich auch die Ergänzung lesen möchte. Erweitert wurde das Buch auch durch hervorragende Umzeichnungen der pompeianischen Gladiatorengraffitis sowie viele Fotos von Kampfszenen der "Junkelmann"schen" Gladiatoren. Auch das Inhaltsverzeichnis wurde ausführlicher gestaltet und die Liste mit den Gladiatorennamen erweitert. Ebenso wurde die Bibliographie um die neusten Werke erweitert und auch neue Mitglieder der Gladiatorengruppe kommen mit ihrem Erfahrungsbericht zu Wort.

Ein Manko bleibt allerdings das weiterhin fehlende Register für Sachwörter, Orts- und Personennamen.

Dieses Werk mag für den Einsteiger in die Materie "Gladiatur" sicherlich zu ausführlich sein, wer sich eingehender aber mit diesem Thema beschäftigen möchte, kommt um den "Junkelmann" nicht herum.

Marcus Junkelmann
Gladiatoren - Das Spiel mit dem Tod
€ 39,90 - Philipp von Zabern (2008)
978-3-8053-3797-7

Montag, 14. Januar 2013

Nachweise für Gladiatorinnen


Die Harvard-Professorin Kathleen Coleman, die ich höchstpersönlich auf der Amphitheater Conference in Chester im Februar 2007 treffen durfte, hat mir folgenden Artikel zukommen lassen, der für das Thema “Gladiatorinnen” wirklich sehr wichtig ist. Ich fasse hiermit folgenden Artikel zusammen:

Stephen Brunet
„Female and Dwarf Gladiaors“
(Mouseion XLVIII – Series III, Vol. 4, 2004)

Das Mißverständnis, daß weibliche Gladiatoren gegen Zwerge gekämpft haben, stammt von sechs Passagen antiker Autoren, die immer falsch übersetzt worden sind bzw. einer dann den Übersetzungsfehler vom anderen abschrieb. Brunet hat dieses nun genauer betrachtet und ist zu dem Schluß gekommen, dass Kaiser Domitian spektakuläre Spiele liebte und deshalb munera bei Fackelschein ausrichten ließ und das Frauen und Zwerge bei seinen Shows auftraten. Aber sie haben nie gegeneinander gekämpft, sondern traten nur bei der selben Veranstaltung auf, aber als separate Programmpunkte.

Martial Sp. 6B und 6 erwähnt, daß Kaiser Titus weibliche venatores (Tierkämpfer) bei den Einweihungsspielen des Colosseums antreten lies. Suetonius Dom. 4.1 erwähnt, dass Domitian Jagden und Gladiatorenkämpfe ausgerichtet hat, die nachts stattfanden und wo eben auch Frauen teilnahmen. Statius erwähnt in seinen Silvae 1.6, dass „Frauen und Zwerge beim selben Spektakel auftraten. Ein zentrales Event war, dass weibliche Gladiatoren kurz vor Einbruch der Dunkelheit auftraten und mit solcher Tugend und Verve gekämpft haben, dass das Publikum dachte, es sieht eine Schlacht der Amazonen.“ Brunet interpretiert den Auftritt der Zwerge als den von Boxern, die ein leichteres Vorprogramm vor der blutigen Darstellung der weiblichen Gladiatoren darstellten, die so tapfer wie Amazonen gekämpft haben. Cassius Dio 67.8 erwähnt ebenfalls, dass Domitian es liebte spiele bei Einbruch der Nacht auszurichten, wo Zwerge und Frauen auftraten.

Kämpfe weiblicher Gladiatoren waren ein ernstes Unterfangen, welches es den Frauen erlaubte, Mut zu zeigen, der normalerweise von Männern erwartet wurde, aber die antiken Autoren betonen eben den außergewöhnlichen kämpferischen Heldenmut der weiblichen Gladiatoren. Traditionell wurden Amazon als die einzigen Frauen angesehen, die in der Lage waren es auf dem Schlachtfeld mit dem Mut der Männer aufzunehmen und dieses wurde nun durch die Gladiatrices repräsentiert. Wenn sie nun gegen Zwerge hätten kämpfen müssen, wären sie nicht in der Lage gewesen, ihre wirklichen Fähigkeiten mit Waffen zu zeigen, da kämpfe bei Gladiatoren immer eine gleiche Chance für die Gegner hatten. Dies ist also der Hauptgrund, warum Frauen nicht gegen Männer antraten, weil es ihnen zum Nachteil gereicht hätte. Deshalb kämpften sie immer nur gegen andere Frauen, oder wenn man von venatores spricht, eben auch gegen wilde Tiere wie Wildschweine. Ein Kampf gegen Zwerge wäre nun zu deren Nachteil gewesen.

Der zweite Teil des Artikels befasst sich mit Nachweisen für weibliche Gladiatoren:

1. Historische Referenzen
Cassius Dio (61.17.3-4) und Tacitus (Ann. 15.32.3) berichten beide davon, daß Nero veranlasste, dass Frauen aus Hohem Stande in der Arena auftreten mussten, aber eben nicht nur die noblen Frauen, sondern auch Männer aus dem senatorischen oder ritterlichen Stand. Es ist nicht klar, ob sie sich auf die Spiele im Jahr 59 n. Chr. beziehen, die anlässlich Agrippas Todes stattfanden, oder die Spiele des Jahres 63 n. Chr. Aber es scheint, dass Nero nur einmal die Upper-Class-Frauen zwang, als Gladiatoren zu kämpfen.

Martial Sp.6 und 6B sowie Cassius Dio 66.25.2 erwähnen weibliche Tierkämpfer bei den Einweihungsspielen des Colosseums. Dio lobt Titus dafür, dass er keine hochrangigen Frauen bei seinen Spielen hat auftreten lassen.

Suetonius Dom. 4.1, Statius Silv. 1.6 und Cassius Dio 67.8.4 attestieren, daß Domitian Frauen für seine Shows benutzt hat. Statius bezieht sich nur auf eine bestimmte Gelegenheit, während die anderen beiden Autoren da vage bleiben.

CIL xiv 5381 & 4616 erwähnt, daß der duumvir (Bürgermeister) von Ostia der erste war, der Gladiatorenkämpfe zeigte, an denen auch Frauen teilnahmen. Weil das Wort mulieres und nicht femina benutzt wird, kann man annehmen, dass es keine Frauen von hohem Rang waren.

2. Fiktive Berichte
In Petronius 45.7 Echion beschreibt eine eher schäbige Show, die aber Anklang beim Publikum fand, als weibliche essedarii auftraten.

Juvenal 1.22-23 ist über eine venatrix (Tierkämpferin) namens Mevia, die die Angewohnheit hatte, etruskische Wildschweine zu töten und Speere in der rechten Hand zu halten, mit ihrer Brust unbedeckt.

Juvenal 6.246-267 ist über römische Matronen, die Ringen geübt haben und Gladiatorentraining absolviert haben in voller Rüstung mit schweren Helmen. Dieses ist aber nicht darüber, dass sie in der Arena öffentlich auftraten.

3. Rechtliche Maßnahmen
Die Notiz in Athenaeus (4.154a) erwähnt einen Mann, der verlangte, daß die schönsten Sklavinnen in seinem Haushalt als Gladiatoren kämpfen mussten, obwohl es schlussendlich verboten wurde, wahrscheinlich deshalb, weil die Leute es als ungesetzlich ansahen.

Der Senatsbeschluß von Larinum aus dem Jahre 19 n. Chr. verbietet das Auftreten auf der Bühne von Mitgliedern der senatorischen und ritterlichen Klassen und ebenso ihrer Teilnahme in bestimmten Aktivitäten wie z. B. Gladiatorenkämpfe. Dieses bedeutet, dass Upper-Class-Frauen durchaus in der Arena auftreten können, aber es beweist nicht, dass sie es auch tatsächlich taten und dass es ein allgemeines Problem war.

Hadrian hat verboten, dass Sklaven oder Dienstmädchen an einen Bordellbesitzer oder lanista (Inhaber einer Gladiatorenschule) verkauft werden durften, es sei denn der Besitzer hatte eine triftigen Grund dafür (SHA Hadr. 18.8-9). Wir können annehmen, dass weibliche Gladiatoren aus den selben Quellen kamen wie männliche, d. h. Freiwille, aber doch öfters durch irgendwelche Käufe.

Septimius Severus hat Frauenkämpfe verboten (Cassius Dio 75.16.1).

4. Künstlerische Belege
Hier haben wir nur eine eindeutige Abbildung, das ist das bekannte Relief aus Halicarnassos (das heutige Bodrum in der Türkei), welches heute im British Museum in London ausgestellt ist. Es stellt die beiden gladiatrices Amazone und Achillia dar, die so tapfer gekämpft haben, dass sie ein Unentschieden (stantes missio) errungen haben. (Siehe hierzu auch meinen vorherigen Post, der dieses Relief im Detail behandelt.)

Es ist nicht klar, ob das Grabrelief aus Maastricht zwei weibliche Gladiatoren zeigt. Oder ob der unterlegene essedarius nur in einer weiblichen Pose mit zusammengedrückten Knien und eingedrehten Beinen gezeigt ist, um seine Unterlegenheit zu verdeutlichen.



Anmerkung der Blogautorin
Es gibt noch in London ein Frauengrab aus der Römerzeit, dem viele Grabbeigaben gemacht wurden, die mit Gladiatoren zu tun haben, z. B. Öllampen mit Abbildungen von Gladiatoren, Pinienzapfen im Räucherkelch. Pinien fanden sich in der Nähe von Amphitheatern, wohl um den Geruch von Blut etc. zu übertünchen bzw. abzumildern. Zu sehen ist diese Grab fast wie gefunden im Museum of London. Man kann aber hieraus nicht definitiv sagen, dass es wirklich eine Gladiatrix war, oder ob es nur eine Frau war, die halt ein Fan von Gladiatorenkämpfen war.

2010 hat man ein römisches Frauengrab in Herfordshire gefunden, aber immerhin taucht das Wort „Gladiator“ in dem Bericht jetzt in Tüddelchen auf. Hier gibt es noch weniger Belege als in London, dass es sich um eine Gladiatrix handeln könnte, nur das Wort „Gladiator“ in einem Bericht macht den Fund ungleich interessanter. Also, nicht überall wo „Gladiator“ draufsteht ist auch „Gladiator“ drin. ;-)

Fazit der Blogautorin
Es ist also unumstößlich, dass auch Frauen als Gladiatoren kämpften, auch wenn sie natürlich seltener waren als Männer, aber trotzdem haben sie ihren Mann bzw. Frau gestanden. J

Samstag, 12. Januar 2013

Das Relief von Amazone und Achillia

Es gibt das berühmte Relief (siehe das Bild hier) von Amazone und Achillia, welches in Halicarnassos (heute Bodrum in der Türkei) gefunden wurde und jetzt im British Museum steht und die einzige gesichterte Abbildung von zwei gladiatrices ist.

Hier meine Zusammenfassung des Artikels von der Harvard-Professorin Kathleen Coleman:

Kathleen Coleman – Missio at Halicarnassus
(in: Harvard Studies in Classical Philology, Volume 100, 2000)
Zusammenfassung:

Mitte des 19. Jh. wurde dem British Museum ein Reliefstein übergeben. Dieser Stein hat die Maße von ca. 65 cm Höhe und 79 cm Breite. Auf diesem Relief ist die einmalige Darstellung weiblicher Gladiatoren zu sehen. Ihre „Kampfnamen“, die sie genauso hatten wie ihre männlichen Kollegen, sind unten auf dem Relief mit „Amazon“ und „Achillia“ wiedergegeben. Die beiden Kombattantinnen stehen sich gegenüber und sind ähnlich ausgestattet. Beide tragen das subligaculum, Beinschienen und einen Armschutz. Beide tragen einen gewölbten länglichen Schild. Sie sind barbusig und die Köpfe sind unbedeckt.

Über den beiden Frauen steht auf griechisch, was auf lateinisch missae sunt bedeutet. D. h. beide wurden für diesen Kampf aus der Arena entlassen, ohne das eine Entscheidung gefallen war, sie haben also unentschieden gekämpft. Da sie beide auf diesem Relief sich gegenüberstehen, kann man davon ausgehen, dass sich das stantes missi auf diesen Kampf bezieht, bei dem sich die beiden gegenübergestanden haben.

Bemerkenswert ist, dass die beiden Frauen ohne Helme auf dem Kopf tragend dargestellt sind. Neben jeder Frau sind je ein rundes Objekt dargestellt, welches als Helm interpretiert werden kann. Deutlich sind das Visier, der Nackenschutz und die Krempe erkennbar. Dass diese Helme keinen Kamm mit Helmbusch haben, muss nichts außergewöhnliches sein, denn Gladiatorenhelme konnten die verschiedensten Formen und Verzierungen haben, so gab es sehr wohl Helme ohne Kamm.

Warum aber liegen die Helme nun daneben? Es gab zwei Möglichkeiten, die missio zu erreichen. Entweder rief das Publikum danach und der editor signalisierte dem summa rudis die beiden Kämpfer mittels seines Stabes zu trennen, oder der aufgebenden Gladiator legte eine Waffe ab, was auch durchaus ein Helm sein konnte, wie auf einem Graffiti aus Pompeji zu sehen ist.

Dadurch, dass beide Frauen ihre Helme abgelegt haben, akzeptierten beide, dass es keine Siegerin gibt, und dass sie auf dem Relief in Kampfstellung dargestellt sind, weist darauf hin, dass es sich bei diesen beiden um eine Kampfpaarung handelte.

Warum wurde dieses Relief geschaffen und wo stand es ursprünglich und was sagt es über die Einstellung zu weiblichen Gladiatoren? Sein ursprünglicher Aufstellungsort ist unbekannt, aber es ist kein Grabmal. Man nimmt an, dass der Sponsor der Spiele dieses Relief in Auftrag gab, um diesem besonderen Ereignisses eines unentschiedenen Kampfes zu würdigen. Dagegen spricht, dass aber sein Name nirgends genannt ist, es sei denn dieses Relief war Teil einer ganzen Serie. Meistens gedachten die Sponsoren aber der Spiele durch Mosaike.

Eine andere Möglichkeit war, dass das Relief in dem ludus stand, wo Amazon und Achillia trainierten, als Ehrung für diesen ungewöhnlichen Ausgang des Kampfes. Cassio Dios Anerkennung der Frauen, die bei Weihung des Flavischen Amphitheaters legt Nahe, dass weibliche Teilenahme toleriert wurde, so lange sie nicht die oberen Klassen betraf. Kaiser Septimius Severus verbannte weibliche Gladiatoren aus der Arena, aber hauptsächlich, weil Damen der oberen Klasse durch ihren Arenaauftritt Schimpf und Schande über ihre ganze Klasse brachten. Der Bann wurde aber wohl nicht überall eingehalten.

Aufgrund der Darstellungsweise ihrer Bewaffnung kann angenommen werden, dass die beiden Frauen einen ernsthaften Gladiatorenkampf bestritten haben. Unklar ist, ob sie nur für diese eine spezielle Gelegenheit unter den Namen Amazon und Achillia auftraten oder ob sie regelmäßig unter diesen Namen kämpften. Die Namen entsprachen jedenfalls der Vorliebe der Römer für griechische Mythologie, denn Achilles besiegte die Amazonenkönigin Penthesilea. Da in diesem Kampf sich jedoch zwei Frauen gegenüberstanden, war das Unentschieden für diese Gelegenheit ein passender Umstand im Gegensatz des Mythos.

Warum Gladiatur als Frau :-)

Ich werde oft gefragt, wieso ich als Frau Gladiatur mache und ob es überhaupt Frauen in der Arena gab. Das es sie gab, habe ich ja unter anderem auf meiner Website unter http://www.ludus-nemesis.eu/gladiatrices.html ausführlich dargestellt. Ich werde aber auch noch mal eine Zusammenfassung/Übersetzung verschiedener Posts von mir aus anderen Foren hier zu gegebener Zeit einstellen.

Aber warum mache ich das? Ganz einfach, ich hab schon immer Kampfsport gemacht, als Kind Judo, als Erwachsene Wing Tsun und Stockkampf und außerdem haben mich Schwerter schon immer fasziniert und hatte als Kind auch Spielzeugschwerter. Und die Römer fand ich auch schon immer interessant, wohl ausgelöst durch die Asterix-Hefte, obwohl sie ja da immer einen auf die Mütze bekommen :D Aber trotzdem war da ein Interesse insbesondere am römischen Heer da.

Als ich nun 2005 die Römer- und Germanentage in Kalkriese besuchte, wollte ich so etwas auch machen, nämlich Reenactment, Living History oder wie man das jetzt auch immer nennen will, darüber möchte ich mich hier nicht streiten. Schnell fand ich aber heraus, daß es Legionärinnen nicht gab, aber Gladiatorinnen. Also fing ich an mich mit diesem Thema zu beschäftigen. Zuerst stand ich dem skeptisch gegenüber, weil ja im TV und in Büchern, Zeitschriften etc. die Gladiatur bis dato immer noch als der "dunkelste Teil der Römischen Kultur" bezeichnet wurde, als etwas ganz schlimmes. Recht bald hab ich mir aber dann den Junkelmann zugelegt und war nach dem ersten Training mit einer Legionärsgruppe, wo auch ein paar Gladiatoren dabei waren, vom Gladiatoren-Virus infiziert. Nach dem Durchlesen des Junkelmanns und weiteren Forschungen zur Gladiatur, fand ich dieses Thema immer spannender.

Mittlerweile ist es so, daß wir Gladiatoren vom LVDVS NEMESIS versuchen auf Veranstaltungen bei unseren Vorstellungen mit Hollywood-Vorurteilen à la Daumen-hoch-Daumen-runter und in jedem Kampf springt der unterlegene Gladiator über die Klinge aufzuräumen. Da ich als Frau auftrete, haben auch Mädchen, die die Veranstaltungen besuchen, ein Rollenvorbild und können sich damit identifizieren oder haben ein Interesse daran. Beim Auftritt in einer Grundschule feuerten mich alle Mädchen an, ich hab Feedback in einem Chat bekommen von einem Lehrer, daß er Videos von uns gezeigt hat und diese für Selbstbewußtsein bei Mädchen mit Migrationshintergrund auslöste. Das ist ein erfreulicher Nebeneffekt, mit dem ich nie gerechnet hätte.

Videos und Bilder von den Gladiatoren des LVDVS NEMESIS gibt es hier: http://www.ludus-nemesis.eu/galerie.html
Infos zur Geschichte der Gladiatoren hier http://www.ludus-nemesis.eu/index.html unter der Rublik HISTORIA